„Leipzig liest“

Autor Imre Grimm in der LVZ-Kuppel: Zwischen La Boum und dem Getreideschimmelkäfer

Sitzen zählt erklärtermaßen zu Imre Grimms Lieblingshobbys, was – wie hier in der LVZ-Kuppel – äußerst unterhaltsam sein kann.

Sitzen zählt erklärtermaßen zu Imre Grimms Lieblingshobbys, was – wie hier in der LVZ-Kuppel – äußerst unterhaltsam sein kann.

Leipzig. Wenn jemand, der eigentlich Zeitungstexte und Bücher schreibt, sein Publikum dazu bewegen kann, aus voller Brust den Schlager „Tränen lügen nicht“ mit-zu-ah-en, dann macht er fraglos etwas richtig. Imre Grimm, der im Hauptberuf das Gesellschaftsressort des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) leitet, mag sich noch so sehr über sich selbst und seinen Körper lustig machen, der altert („das kann man nicht stöhnreden“), im Flugzeug in eine „tranceartige Duldungsstarre“ fällt, der die geheime Superkraft einer „außergewöhnlichen Stagnationsfähigkeit“ besitzt und dessen Lieblingshobbys sitzen, essen und wohnen sind: Auf der Bühne verwandelt sich der Mann, der kommende Woche 50 wird, am Donnerstagabend in einen blitzschnellen und blitzgescheiten Alleinunterhalter im besten Sinne, dem die Zuschauerinnen und Zuschauer jeden Wunsch erfüllen wollen.

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Also haben sie, als Grimm mit seinem Buch „Über Leben in Deutschland: Kolumnen aus einem lustigen Land“ in der Kuppel der Leipziger Volkszeitung zu Gast war, mit „Ah“-Lauten die Melodie des Refrains gesungen, zur Gitarre des Hauptakteurs und zu dessen hinreißend selbstironischem Text: „Ihr haltet mich für intellektuell. Doch Arte seid ihr“ – und an der Stelle, an der Michael Holm die drei Worte „Tränen lügen nicht“ jauchzt: „Ich bin RTL.“ Trotzdem: Auf der Leipziger Buchmesse ist Imre Grimm genau am richtigen Ort.

Landlust und La Boum

Es ist nicht bekannt, wie lange er über dem folgenden Satz gebrütet hat: „Frauen verbringen mehr Zeit damit, darüber nachzudenken, was Männer denken könnten, als Männer selbst denken.“ Aber das Glucksen und Kichern im Saal verrät, dass er eine tiefere Wahrheit entdeckt hat. Er gönnt den Frauen, dass sie jetzt, im Frühling, „endlich alles in die Tat umsetzen können, das sie im Winter in der Landlust gelesen haben“. Solange er rasch wieder nach Hause aufs Sofa darf, um dort Outdoor-Magazine zu lesen. Als Westkind sei er nicht sicher gewesen, sagt Grimm, ob er hier, im Osten, von seiner Kindheit in den 80ern berichten soll. Doch nicht alle Erinnerungen unterscheiden sich augenscheinlich: Seine Anekdote vom Klammerblues zu „Dreams Are My Reality“ aus dem ersten „La Boum“-Film erntet ebenso wissendes Nicken wie seine Begeisterung für Alf. „Er sprach meine Sprache: Wenn du mich suchst, ich bin im Kühlschrank.“

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Essen zählt, wie erwähnt, zu Grimms Hobbys. „Ich habe nichts gegen Grillen“, sagt er, „mit Wurst und Bier“. Kürzlich habe er aber auch mal die Larve eines Getreideschimmelkäfers probiert und die Erfahrung gemacht: „Schmeckt so, wie Nüsse nicht schmecken sollten.“ Dafür hat ihn der Kartoffelsaft, sprich „Jus de Pomme de Terre“, den er bei „Air France“ einmal bestellte, verdächtig an den Apfelsaft erinnert, den er eigentlich ordern wollte.

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Imre Grimm ist ein überaus amüsanter Komödiant, der bei RTL ebenso wie bei Arte eine gute, wenn auch nach eigener Wahrnehmung etwas zu schwere Figur machen würde. Letzteres spätestens, als er zum Schluss in einem Wunschzettel ernste Gedanken zulässt: „Dass das Leben durch eine plasmatagorisch-phytografische Proporzverknurpsung im Kawenzkrümmer des Futur-Flansch-Ports im kommenden Jahr 20 Prozent langsamer verläuft“, wünscht er sich ebenso wie, „dass nicht mehr die Dummen so sicher und die Gescheiten so voller Zweifel sind, sondern umgekehrt“. Und schließlich ein Wunsch, der das Publikum zum kollektiven Seufzen verleitet: „dass Uwe Seeler, Hans Magnus Enzensberger, Heinz Florian Oertel und Queen Elizabeth II. im Himmel einen Eierlikör auf uns alle trinken – zu Musik von Harry Belafonte.“

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