Sicherheitsempfinden

Viele Sachsen glauben an steigende Kriminalität – trotz anderer Fallzahlen

Dresden. Die Kriminalität ist im Freistaat in den vergangenen Jahren zurückgegangen – ein großer Teil der Sächsinnen und Sachsen empfindet es dennoch genau anders. Zu diesem Ergebnis kommt ein neuer Periodischer Sicherheitsbericht, den das Innen- und das Justizministerium angefertigt, aber bislang nicht veröffentlicht haben. Das Papier liegt der LVZ vor. Demnach ergab eine Umfrage in der Bevölkerung, „dass fast jede zweite befragte Person der Meinung ist, dass die Kriminalitätsentwicklung in den letzten zwölf Monaten eher bis stark zugenommen hat“.

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Besonders einzelne Kriminalitätsbereiche stehen dabei im Fokus. Mehr als 70 Prozent der Befragten gaben an, dass es mehr Fälle von Bedrohung in den sozialen Medien, Internetstraftaten und Straftaten gegen Amtsträger gebe. Rund zwei Drittel fürchten sich „mindestens manchmal“ davon, „Opfer von Internetstraftaten zu werden“, heißt es im Bericht. „Eine vergleichsweise hohe Kriminalitätsfurcht besteht auch bei Eigentumsdelikten wie Diebstahl, Wohnungseinbruch ebenso wie bei Sachbeschädigung. Relativ gering ist die Kriminalitätsfurcht hingegen bei sexuellem Missbrauch, Nachstellung und Erpressung.“

Eigene Bevölkerungsbefragung zur Sicherheitslage

Die Koalitionspartner CDU, Grüne und SPD hatten sich 2019 darauf verständigt, ab 2021 die Kriminalitätsstatistik um einen erweiterten Sicherheitsbericht zu ergänzen. Das über 500 Seiten starke Papier liegt nun intern vor, ist aber noch Gegenstand von Beratungen innerhalb der Regierung.

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Im Bericht soll das statistische Material der Polizei und der Justiz zu einer „umfassenden Bestandsaufnahme der Sicherheitslage im Freistaat Sachsen“ verknüpft werden. Zudem wurden im vergangenen Jahr 11.000 zufällig ausgewählte Personen ab 16 Jahren für eine Bevölkerungsbefragung angeschrieben. 5311 Personen beteiligten sich daran. Weitere Studienergebnisse flossen in den Bericht ein. Zivilgesellschaftliche Akteure wie beispielsweise die Amadeu Antonio Stiftung, die sich gegen Rechtsextremismus einsetzt, und die Opferhilfe gaben Stellungnahmen ab.

Hohes Sicherheitsempfinden in Sachsen

Mit Blick auf die Kriminalität in Sachsen verweist der Bericht darauf, dass die registrierte Kriminalität seit 2017 um 23,8 Prozent (insgesamt 73.908 Straftaten) zurückgegangen ist. Inwieweit sich diese Entwicklung stabilisiere, sei aber „nicht sicher“ prognostizierbar: „Zu beachten ist, dass durch die Verlagerung von Straftaten in das Internet das Dunkelfeld“ an unbekannten Straftaten steige „und dem Rückgang an Straftaten in Sachsen mittlerweile wesentlich aufwendigere Ermittlungsverfahren – häufig mit Bezug zum Internet als Tatmittel – gegenüber stehen“.

Die gefühlte Zunahme an Straftaten hat aber kaum Auswirkungen auf das allgemeine Sicherheitsempfinden der Sächsinnen und Sachsen. 97 Prozent der befragten Personen fühlen sich tagsüber mindestens „eher sicher“. In der Nacht sinkt der Wert allerdings auf 79 Prozent. Gerade dieser Wert variiert aber deutlich, wenn einzelne Gruppen betrachtet werden.

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Nachts fühlen sich einige Gruppen unsicher

In der eigenen Wohngegend fühlen sich nachts und ohne Begleitung fast ein Drittel (27 Prozent) der weiblichen Bevölkerung mindestens „eher unsicher“. Auch ungefähr jede vierte Person der unter 24-Jährigen und über 65-Jährigen fühlt sich in der eigenen Wohngegend deutlich unsicherer, wenn sie nach Einbruch der Dunkelheit allein unterwegs ist.

Personen mit Migrationshintergrund weisen nachts in der eigenen Wohngegend einen um sieben Prozent niedrigeren Wert (73 Prozent) hinsichtlich ihres Sicherheitsgefühls auf als die Bevölkerung ohne Migrationshintergrund. „Dieser Zusammenhang ist deutschlandweit nicht zu beobachten“, analysiert der Bericht der Ministerien. „Dort liegt das Sicherheitsempfinden von Personen mit und ohne Migrationshintergrund gleichauf bei 72 Prozent.“

Politisch motivierte Kriminalität im Fokus

Neben der Zunahme bei der Cyberkriminalität sieht der Bericht auch andere Herausforderungen: Beispielsweise bei der politisch motivierten Kriminalität rät der Bericht zur Wachsamkeit, da die Fallzahlen im Zeitraum von 2017 bis 2021 um mehr als 40 Prozent angestiegen sind. Hier machten sich auch gesellschaftliche Veränderungen – beispielsweise im Zuge der Corona-Pandemie – bemerkbar.

„Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus sind aktuell als eine der größten Bedrohungen für die Sicherheit in Deutschland zu werten“, wird in der Bewertung festgestellt. „Nicht nur einzelne schwerste Gewaltstraftaten durch Einzeltäterinnen und Einzeltäter oder Kleinstgruppen, sondern auch die Bildung terroristischer Gruppen innerhalb des rechten Spektrums sind im Blick zu behalten.“

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Amadeu Antonio Stiftung erwartet mehr Sensibilität

In ihrer Stellungnahme zum Thema zeigt sich die Amadeu Antonio Stiftung allerdings kritisch. Man wisse, dass „längst nicht alle Fälle, in denen Rassismus oder andere Hass-Formen eine Rolle spielten, als Hass-Delikte vor Gericht behandelt werden“, schreibt die Stiftung. „Noch immer ist zu beobachten, dass Rassismus als Motivationsgrund für Gewalt verharmlost oder relativiert wird.“ Ein „solcher Mangel an Sensibilität“ trete sowohl bei Polizeibeamten als auch bei Staatsanwälten oder Richtern auf.

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