Südafrikas Präsident bekommt wegen Wladimir Putin zu Hause Ärger

Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa, der als einer von nur 16 afrikanischen Staats- und Regierungschefs beim Russland-Afrika-Gipfel vergangene Woche in St. Petersburg war, bekommt wegen seiner Kremlpolitik jetzt Ärger zu Hause. Doch anders als erwartet; Julius Malema, der als Jugendfunktionär einst aus der übermächtigen Regierungspartei ANC flog und heute Vorsitzender der drittgrößten Oppositionsbewegung Economic Freedom Fighters (EFF) ist, wirft Ramaphosa Feigheit vor – weil er die Teilnahme von Russlands Präsidenten Wladimir Putin am Brics-Gipfel verhindert habe.
Wir sind Putin und Putin sind wir, und wir werden niemals den Imperialismus gegen Präsident Putin unterstützen.
Julius Malema,
Vorsitzender der Economic Freedom Fighters
„Es ist Ramaphosa, der Feigling Ramaphosa, der nicht garantieren kann, dass wir Putin nicht verhaften. Wir sind Putin und Putin sind wir, und wir werden niemals den Imperialismus gegen Präsident Putin unterstützen“, bekräftigte der Linksradikale vor geschätzten 120.000 Anhängern und Anhängerinnen am Wochenende im größten Sportstadion des Landes auf dem Zehnjahresjubiläum seiner Partei.

Der Oppositionspolitiker, der vor allem bei enttäuschten schwarzen Ex-Anhängern der Regierungspartei ANC punktet, rief zudem die Brics-Staaten zum Boykott des Gipfels in Südafrika Ende August auf – aus Solidarität zum russischen Präsidenten Wladimir Putin. Brics – das ist ein Staatenbündnis von Schwellenländern, dessen Kürzel sich aus den Anfangsbuchstaben der Mitgliedsländer Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika zusammensetzt.
„Wir fordern die Präsidenten der Volksrepublik China, Indiens und Brasiliens auf, aus Solidarität mit Präsident Putin nicht zum Brics-Gipfel zu kommen. Sie müssen sagen: ‚Greifen Sie einen von uns an, dann greifen sie uns alle an‘“, rief Malema, der damit die in Südafrika schwelende Debatte um den Umgang mit Russland weiter anfachte.
Russland ist in Südafrika ein Dauerthema: Ramaphosas Amtsvorgänger und innerparteilicher Widersacher Jacob Zuma, der nach Korruptionsvorwürfen 2021 zu 15 Monaten Haft verurteilt worden war, erhielt aus Gesundheitsgründen Haftverschonung und reiste vor einigen Wochen nach Russland aus, angeblich zur medizinischen Behandlung.
Vorläufig denkt er nicht an Rückkehr. Zuma, in dessen Amtszeit Milliardenwerte veruntreut wurden, wird von der schwarzen ANC-Basis nach wie vor wie ein Volksheld verehrt.
Kein Wachstum am Kap
Die Situation für Ramaphosa und seine das Land seit 30 Jahren regierende Partei ANC ist ernst, denn im kommenden Jahr stehen in Afrikas einzigem Industriestaat Wahlen an.
Die Situation in der drittgrößten Volkswirtschaft des Kontinents ist desolat: Bis zu zwölf Stunden täglich muss im Land der Strom abgeschaltet werden, weil der staatliche Monopolist und Stromversorger Eskom kontinuierlich heruntergewirtschaftet wurde und ein Kollaps des Stromnetzes droht. Die Wasserversorgung ist dysfunktional, ebenso das öffentliche Gesundheitssystem. Die Arbeitslosigkeit liegt offiziell bei fast 33 Prozent.
Der internationale Währungsfonds prognostiziert, dass das reale Wirtschaftswachstum in diesem Jahr magere 0,1 Prozent betragen wird. Es wäre das mit Abstand niedrigste Wachstum aller afrikanischen Staaten, ausgenommen Äquatorialguineas.
Entsprechend groß ist die Unzufriedenheit im Land. Präsident Ramaphosa, der nach den als „Kleptomanie“ empfundenen Zuma-Jahren als Reformer angetreten ist, hat bislang enttäuscht. Seine russlandfreundliche Politik stößt zudem bei westlichen Geldgebern und Investoren auf Skepsis, ist aber im Volk sehr populär.
Die liberale DA: „zu weiß“, „zu westlich“
Der ANC, der seit dem Ende des Systems der Rassentrennung 1994 allein regiert, muss erstmals um seine Alleinherrschaft bangen. Die liberale, demokratische Oppositionspartei Democratic Alliance, die seit Jahren die Provinz West-Kap regiert, vergleichbar einem Bundesland, wird von vielen Südafrikanerinnen und Südafrikanern als „zu weiß“ und „zu westlich“ empfunden.
Die radikale EFF dagegen ist bei schwarzen, wirtschaftlich benachteiligten Südafrikanern sehr populär. Sie tritt für eine radikale Umverteilung ein und propagiert einen konfrontativen Kurs gegen die Minderheit von Weißen und Coloureds im Land, die jeweils etwa 8 Prozent der Bevölkerung stellen.
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So stimmte Malema auch auf der Veranstaltung am Sonntag wieder ein Protestlied aus den Zeiten des Anti-Apartheid-Kampfes an, in dem es heißt: „Schieße, um zu töten, töte den Buren, töte den Farmer.“
Buren waren niederländische und französisch-hugenottische Bauern, die sich ab dem 17. Jahrhundert an Afrikas Südspitze niederließen und deren Nachfahren später das System der Rassentrennung maßgeblich trugen.
„Ein Parlamentsabgeordneter, der die Ermordung eines gesamten Teils der Gesellschaft fordert, ist doch nicht normal. Wir werden Julius Malemas Faschismus frontal entgegentreten“, sagte Oppositionsführer John Steenhuisen am Montag von der gemäßigten Democratic Alliance (DA).
In den innersüdafrikanischen Streit mischte sich jetzt auch Tech-Milliardär Elon Musk ein, gebürtiger Südafrikaner. In seinem Kurznachrichtendienst X (ehemals Twitter) warf er Malema vor, einen „Genozid an Weißen“ zu planen. Musk forderte Präsident Ramaphosa auf, Stellung zu den Gesängen der EFF zu nehmen. Doch statt dem Präsidenten antwortete Malema auf X. „O bolela masepa“, schrieb der – „Du laberst Scheiße.“




