Bundespräsident warnt vor Protestwahlen

Steinmeier zeigt sich besorgt: AfD-Umfragewerte „sind beunruhigend“

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

Berlin. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat sich besorgt über die hohen Umfragewerte der AfD gezeigt und zugleich vor reinen Protestwahlen gewarnt. „Jeder Wähler, jede Wählerin übernimmt Verantwortung für das, was sie tut“, sagte Steinmeier am Sonntag im Sommerinterview des ZDF. Das gelte auch, wenn man „eine Partei stärkt, die zur Verrohung der Auseinandersetzung beiträgt“.

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„Wir dürfen das Geschäft der Angstmacher in dieser Gesellschaft nicht noch weiter fördern“, mahnte Steinmeier. „Was wir brauchen, ist nicht eine Konjunktur der Angstmacher, sondern eine Konjunktur der Problemlöser. Und es ist ja nicht so, als ob wir von denen keine hätten.“

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Steinmeier zum AfD-Höhenflug: „Die Umfragen sind beunruhigend“

Die AfD liegt derzeit in den Umfragen bundesweit bei etwa 20 Prozent - und damit vor der Kanzlerpartei SPD. In Brandenburg, Thüringen und Sachsen, wo in gut einem Jahr neue Landtage gewählt werden, ist die AfD in den aktuellen Umfragen derzeit jeweils stärkste Partei.

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„Ja, die Umfragen sind beunruhigend“, sagte Steinmeier. „Aber sie dürfen nicht dazu führen, dass wir jede kritische Frage automatisch als Populismus und Rechtsextremismus einordnen.“

Wenn sich größere Teile der Wählerschaft von den regierenden Parteien abwendeten und die größte Oppositionspartei davon nicht gewinne, werfe dies Fragen auf. „Selbstverständlich müssen sich Regierungsparteien auch fragen, und sie tun es ja, ob man die richtigen Themen hat, ob Themen ausgelassen werden, ob man die richtige Kommunikation wählt, ob man die Geschlossenheit an den Tag legt, die Wählerinnen und Wähler erwarten, oder ob es zu viel Streit gibt.“

Steinmeier: Können den USA bei Streumunition nicht in den Arm fallen

Die Bundesregierung muss nach Auffassung des Bundespräsident die Lieferung von Streumunition durch die USA an die Ukraine akzeptieren. Die Position der Bundesregierung, sich gegen Streumunition auszusprechen, sei nach wie vor richtig, sagte Steinmeier im ZDF-Sommerinterview weiter. „Aber sie kann in der gegenwärtigen Situation den USA nicht in den Arm fallen.“ Steinmeier wies darauf hin, dass er 2008 in Oslo als Außenminister für Deutschland das internationale Abkommen zur Ächtung der Streumunition unterschrieben habe. „Ich bin da befangen“, sagte er im ZDF-Interview.

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Steinmeier zeigte sich offen für eine grundsätzliche Aufarbeitung des deutschen Verhältnisses zu Russland bis zum Überfall auf die Ukraine im Februar vergangenen Jahres. Er hätte überhaupt nichts dagegen. „Manches würde sich bei dieser Aufarbeitung auch korrigieren, nämlich der Eindruck, als ob das irgendwie eine Art von Naivität oder gar Liebesdienerei gegenüber Russland gewesen sei. Das Gegenteil ist doch der Fall.“ Nicht nur Deutschland, auch die USA und viele andere Staaten hätten versucht, in Europa eine Sicherheitsarchitektur unter Einbeziehung Russlands zu schaffen. „Das hat nicht funktioniert am Ende. Auch wir haben es nicht hingekriegt.“

Daraus müsse man jetzt Schlüsse für die Zukunft ziehen, sagte Steinmeier. „Und das heißt eben bedauerlicherweise, Sicherheit in der Zukunft in Europa wird nicht mehr eine gemeinsame Sicherheit mit Russland sein, sondern wir werden uns voreinander schützen - mit immensen Ausgaben für unsere Verteidigungshaushalte, um besseren Schutz für Europa, für die Allianz und besseren Schutz für unsere eigene Bevölkerung in Deutschland zu organisieren.“

RND/dpa